Molekularmedizinisches Verfahren verbessert Diagnostik und Therapie bei Prostatakrebs | |
10. Juni 2010 Bei Prostatakrebs sind die zielgenaue Diagnose und die daran ausgerichtete Therapie für den Behandlungserfolg maßgebend. Hier arbeitet das BMBF geförderte Projekt MoBiGuide an einem neuen Qualitätsstandard: Molekularbiologische Techniken werden mit medizinischer Navigation und Bildgebung zu einem so genannten Theragnostik-Konzept verschmolzen. Patient und Urologe erhalten so anhand einer verbesserten präoperativen Kenntnislage mehr Klarheit. Gleichzeitig wird der Urologe während des Eingriffs unterstützt, indem er in Nachbarregionen der Prostata gezielter auf verbliebene Krebszellen molekularbiologisch prüfen und gegebenenfalls dort direkt nachoperieren kann. | |
(Bild klicken für Druckversion) Mikrofluidikchip mit winzigen Kanälen, in denen Zellproben des abgelösten Gewebes zirkulieren. | |
Das Prostatakarzinom ist die häufigste Krebsneuerkrankung des Mannes in Deutschland und nimmt den dritten Rang krebsbedingter Todesursachen bei ihm ein. Eine Ursache dafür ist, dass in etwa 30 Prozent der Fälle die präoperative Einschätzung der Tumorausbreitung nur unzureichend erfolgen kann. Der erfolgversprechendste Therapieansatz zur vollständigen Tumorentfernung ist die endoskopisch durchgeführte radikale Prostatektomie (EERPE), bei der die Prostata vollständig entnommen wird. Gleichzeitig wird auf eine möglichst geringe Schädigung der Prostataumgebung geachtet, um Potenz und Kontinenz des Patienten nicht zu gefährden. |
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Bleibt allerdings Tumorgewebe an den Schnitträndern zurück, verschlechtert sich die Prognose der Patienten erheblich. Aktuell kann dieses Risiko nur durch Gewebeentnahmen während der Operation minimiert werden, die dann aufwändig mikroskopisch untersucht werden müssen. Dies kostet während der Operation viel Zeit und kann auch nur stichprobenartig erfolgen, da gerade in den kritischen Bereichen, wie Nervensträngen oder am Schließmuskel, schon kleinste Gewebeentnahmen zu ernsthaften Schädigungen führen können. Ein Ziel von MoBiGuide ist daher das exaktere Bestimmen der Tumorausbreitung (Staging) durch eine deutlich verbesserte Diagnostik. Hierzu werden im Vorfeld der Operation eine leistungsstarke Bildgebung verbunden mit einer parallel navigierten Prostatabiopsie im Kernspintomographen dazu genutzt, die tumorverdächtigen Areale in den Grenzbereichen der Prostata genau zu identifizieren. Diese ortsgenauen Informationen aus den Kernspinbildern werden dem Urologen dann während der Prostatektomie zur Verfügung gestellt. Durch diese Maßnahmen im Vorfeld wird die Entscheidungslage zur operativen Behandlung für Patienten und Ärzte gleichermaßen stark verbessert. "Die Verbesserung des Staging durch die Kernspinuntersuchung verbunden mit der zielgenauen Navigation im Kernspintomographen ist für den Patienten ein enormer Fortschritt, wenn man bedenkt, wie unklar hier bislang das diagnostische Bild ist. Sich als (junger) Mann auf dieser unsicheren Basis für eine Prostatektomie zu entscheiden, ist in Kenntnis der Nebenwirkungen sehr schwierig.", so Martin Bublat, Geschäftsführer der LOCALITE GmbH, der das Projekt koordiniert. "Wird auch das MoBiGuide-Entwicklungsziel der intraoperativen Überprüfung in Verdachtsregionen erreicht, könnte während der Operation die Vollständigkeit der Krebsentfernung vororientiert und molekularbiologisch informiert nahezu in Echtzeit erfolgen. Dies wäre für Patient und Urologe insgesamt eine enorme Verbesserung der Qualität der Prostatakrebsbehandlung", so Bublat weiter. Hierzu entwickelt MoBiGuide einen endoskopischen Probennehmer, mit dem der Urologe in den Verdachtsregionen gezielt minimale Gewebemengen ablösen kann. Herzstück der an den Probennehmer angeschlossenen Systembox ist ein Mikrofluidikchip mit winzigen Kanälen, in denen Zellproben des abgelösten Gewebes zirkulieren. Der Chip wird verschiedene neu zu entwickelnde Biomarker (Antikörper) enthalten, wodurch Krebs- und Gewebearten unterschieden werden können. So erhält der Urologe sehr rasch ortsgenaue Informationen, ob er alle Tumorzellen in den Verdachtsregionen entfernt hat. Der MoBiGuide-Probennehmer wird von der KARL STORZ GmbH & Co. KG in Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik FIT entwickelt. "MoBiGuide – Theragnostik-Systemkonzept zur Anwendung bei der laparoskopischen Prostatektomie" wird im Rahmen der "Technologie-Initiative Molekulare Bildgebung (MobiTech)" des BMBFs gefördert. Das Fraunhofer-Institut FIT und der daraus vor zehn Jahren hervorgegangene Spin-off LOCALITE sind daran maßgeblich beteiligt. Fraunhofer FIT bringt seine Expertise in der Biointegration und insbesondere die Mikrofluidik in Zusammenarbeit mit den Industriepartnern KARL STORZ GmbH & Co. KG und R-Biopharm AG näher an den medizinischen Alltag. LOCALITE vereint als Konsortialführer unter dem Dach der Navigation die heterogenen Informationen aus Bildgebung, präoperativer Diagnostik und der neuartigen molekularbiologischen Schnelldiagnostik und blendet dem Urologen während des Eingriffs wichtige Informationen in sein Endoskop ein. Das MoBiGuide-Konsortium besteht aus: KARL STORZ GmbH & Co. KG, LOCALITE GmbH, PharmedArtis, R-Biopharm AG, Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik FIT, Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie IME, Klinik für Diagnostische & Interventionelle Radiologie und Klinik für Urologie des Universitätsklinikums Leipzig. Weitere Informationen: www.bmbf-mobiguide.de Kontakt:Martin Bublat Alex Deeg |
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